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Könige und Lügner.

Eine maßlose Übertreibung in 24 Teilen.


Alles in Bewegung
Hab ich 'nen neuen Namen
Nenn mich ab heute
KÖNIG DER LÜGEN
& all die Sterne am Himmel
Sind gefallene Könige wie ich
& doch nicht mehr als Licht

(Tom Liwa)



Am Meer

Dunkelheit verschlingt die Grenze
Zwischen Wasser, Land und Sternen
Geschrei von Möwen in der Ferne
Wie ein Widerhall von Gestern
Steter Rhythmus sanfter Wellen
Im Einklang unserer Schritte

Der Sand massiert die baren Sohlen
Wind weht die Haare aus der Stirn
Weit fort der Schein der Mole
Vergessen Menschen auf der Promenade
Real nur deine Hand in meiner
Und blanke Augen dicht bei mir

Ein weiter Marsch zurück ins Helle
Ins Leben, das uns nicht kümmert
Zur Welt, die uns nicht trennen kann
Fort von den Wirren, Sorgen andrer
Zum Traum, in dem man leben kann

 

Nacht am Strand

Dichter wären nicht mehr jugendfrei
Dichter wär es nicht mehr jugendfrei
Dichter wären ungehört
Dichter wär es unerhört
Könnte es mehr sein
Könnte ich mehr wünschen

Mehr Wahrheiten als offenbart
Oder Wahrheit in der Offenbarung
Mehr Geheimnisse werden verschwiegen
Als Geheimnisse verschwiegen sind
Könnte ich mehr fordern
Könnte ich mehr hoffen

Mehr Sehnsüchte als zugegeben
Oder zugegebene Sehnsüchte
Mehr Fragen als Antworten
Mehr fragwürdige Antworten
Könnte ich mehr ahnen
Könnte ich mehr wissen

Mehr Sand als Sterne
Oder mehr Sand als Meer
Mehr Nähe als Kälte
Oder kalte Nähe
Könnte ich näher sein
Könnte ich mehr sein

 

Sterne

Am Himmel steht kein Stern
Nur zwei Sterne sehe ich
Ob noch jemand sie sieht?

 

It takes two

Freiheit, verschwommene Vorstellung
Fußspuren im Sand der überall
Genau wie nirgends ist
Freiheit von oder nur zu
Und leben in Träumen
Auch Träume zum leben?

Relikt umschwärmt von kindlichen Ideen
Überall hoffnungsfroh
Drei Seiten für die Werkausgabe
Manchmal aussichtslos
Wenn du nicht träumst
Kannst du nicht sein?

Zehn Minuten, oder zwanzig
Hektisch, nervig, chaotisch
Doch pausenlos umschmeichelnd
Funkeln ganz weit hinten
Im Dunkeln oder Hellen
Kein Zauber wirkt schnell

Selbstverliebt und kritisch
Offen für viel und mehr
Unverkennbar junge Frau
And die Liebe glauben
Die niemals rostet
Kein Zauber vergleichbar?

Ungleiche Paare können
Interessenskonflikte verdoppeln
Auch wie Schwestern
Kleine Geheimnisse vergrößern
Sind doch am Ende
Kleiner als je zuvor

 

Anne sagt

Anne sagt:
Macht es dir angst
Den Tag zu träumen
Das Leben zu träumen
Von der Liebe zu träumen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Deine Träume zu leben
Deine Ängste zu leben
Dein Leben zu leben

Anne sagt:
Macht es dir angst
Erwachsen zu werden
Nüchtern zu werden
Traumlos zu werden

Anne sagt:
Macht es dir angst
Der Nacht zu begegnen
Dem Dunkel zu begegnen
Der Wahrheit zu begegnen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Dem Licht zu entsagen
Dem Tag zu entsagen
Der Liebe zu entsagen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Eine Schlange zu sehen
Eine Rose zu sehen
Mit dem Herzen zu sehen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Vor einem Berg zu stehen
Vor einem Rätsel zu stehen
Vor dir selbst zu stehen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Das so zu sehen
Mich so zu sehen
Mir in die Augen zu sehen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Mir ein Lächeln zu schenken
Mir eine Muschel zu schenken
Mir dein Leben zu schenken

Anne sagt:
Macht es dir angst
Die Jugend zu vergessen
Die Jahre zu vergessen
Die Träume zu vergessen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Alles neu anzufangen
Das Sehen neu anzufangen
Das Leben neu anzufangen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Bilder in den Sand zu malen
Den Teufel an die Wand zu malen
Alles in bunten Farben zu malen

Anne sagt:
Macht es dir angst
Dich treiben zu lassen
Dich fallen zu lassen
Dich auffangen zu lassen

Anne sagt:
Macht es dir angst
An Gott zu denken
An morgen zu denken
An uns zu denken

Anne sagt:
Macht es dir angst
Den Tag zu träumen
Das Leben zu träumen
Von der Liebe zu träumen

 

Verlust

Und dann sank ich ein
In ihren warmen Schoß
Ich wußte nicht warum
Kein Heiliger konnte mir helfen
Und sanfte Augen, warme Stimme
Weiche Formen hielten mich
Von allem, was ich machen mußte
Mein Streben ganz auf sie gerichtet
Unfähig zu entfliehen
Nur dem Verlangen untertan
Mich in ihr zu verlieren
Und nie mehr aufzutauchen

 

Ausdruck

Weil sie an ihn denkt
Er sich ihrer erinnert
Fremde Gefühle hegt
Und ihnen Ausdruck verleiht
Sie artikuliert
In Worte fasst
Ein Gedicht entstehen läßt
Ihre Gedanken trifft
Wird der Ausdruck der Gefühle
Für sie unbeschreiblich

 

Was man so denkt

Was man so denkt
Nach einer halben Flasche Whiskey
Fragen nach einem Brief
An eine Frau
Von der man nicht weiß
Was sie von einem denkt
Wie man selbst von ihr denkt
Fragen vor einem Haufen Fragen
Über die Zukunft
Und Erwartungen
Antworten zu finden
Und The Diamond Sea
Im Hinterkopf
Die Angst vor der Obrigkeit
Unrechtmäßigerweise
An einem Ort zu sein
Oder auch nie gewesen
Wo man hätte sein müssen
Vielleicht zurückkehren wird
Und denken
Was soll das alles
Wenn man nicht da sein kann
Wo man sein will
Zwar wohl nie landen wird
Doch immer hoffen
Da zu sein
Und zu lachen
Und zu weinen
Glücklich zu sein
Zu schweben
Und nicht mehr nachdenken müssen
Ohne Sorgen
Was man halt so denkt

 

Warten

Nicht schon wieder
Ist nichts neues
Überhaupt nicht
Wirklich
Gibt es auch mal eine Änderung
Veränderung der Taten
Handlung
So oft verflucht
So oft versucht
Zu ändern
Den Weg in die andere Richtung
Zu lenken
Zeit nicht zu verschenken
Sinnvoll zu gebrauchen
Ziele vor Augen
Erreichbar und möglich
Verdienstvoll und nötig
Das Leben vorantreiben
Ohne Zögern handeln
Verzögerungen umgehen
Den Erfolg vor Augen sehen
Zu erreichen
Endlich einmal ankommen

 

Relation

VERLIEBEN oder
VERLIEREN
ist nur ein Halbkreis
zu einem Strich

 

Licht

Ich war wohl nie so gut
Im Schreiben von Liebesgedichten
Muß damit zusammenhängen
Daß Liebe nie mein Fall war
Doch Zeiten können sich ändern

Soll ich von etwas reden
Wie der Blinde von den Farben
Oder lieber von der neuen Welt
Der Geräusche um ihn
Die er kennenlernen muß

Oder hat ein Wunder
Mein Augenlicht zurückgeholt
Der Aufschlag der Lider
Die Erkenntnis des Lichts
Wie eine Wiedergeburt

 

Tropfen

Du wirst schon noch einen Stern finden
Es gibt unendlich viele am Himmel
Und einer wird auch zu dir passen
Und er wird dein eigener gezähmter sein
Der Himmel ist weit, sagte sie

Wie ein Tropfen im Meer
Ein Sandkorn in der Wüste
Ein Blatt im Wald
Ein Ion im Ionensturm
Der Himmel ist weit

Warum soll ich noch einen Stern suchen
Von den unzählbaren am Himmel
Ich habe einen der zu mir paßt
Der mein eigener gezähmter sein soll
Der Himmel ist nah, sagte ich

Wie ein Tropfen Öl auf Wasser
Eine Rose in der Wüste
Eine Birke im Tannenwald
Ein Anion im Ionensturm
Der Himmel ist nah

 

Könige

Sitzen im Dunkeln und zählen ihr Geld
Und ihre Edelsteine
Stehen auf Balkonen und zählen ihre Untertane
Und ihre grauen Haare
Starren in den Himmel und zählen ihre Wolken
Und in der Nacht die Sterne

Das Geld verrinnt durch ihre Finger
Wird doch nicht weniger
Die Untertane blicken hoch zu ihnen
Beginnen sie zu hassen
Die Wolken regnen stet auf sie herab
Und Sterne scheinen zu verblassen

Versteckt im Schatten von Königen
Ihres angeblichen Scheins
Ausgespart von wichtigen Entscheidungen
Vor hohen Eichentüren
Verloren in der Wildnis
Können wir uns kaum beklagen

Was sorgen uns Könige und Fürsten
Und Ringe unter den Augen
Wen kümmert die nationale Sicherheit
Oder die Kleider der Königin
Solange wir beide uns haben
Können die Lügen der Könige uns nicht schaden

 

Teilung

Würde ich zu weit gehen
Sagte ich "Ich brauche Dich"
Müßte ich nicht im gleichen Atemzug
Mich fragen "Wofür?"
Würde die Antwort nicht so ausfallen
Daß ich auch ohne Dich auskäme
Wie ich auch vorher allein lebte?
Doch geht die Frage weiter
Wenn ich zuvor nur für mich lebte
War mir das denn genug?
Klar muß ich das verneinen
Und auch die Möglichkeit
Des um der Liebe willen lieben
Fällt sofort unter den Tisch
Denn da ist etwas mehr
Mit mir geschehen diese Nacht
Deshalb die simple Antwort
So wie das Leid geteilt sein soll
So soll die Freude doppelt wirken
Und wenn dann nur mit Dir

 

Bahnhof II

Ob nun 400 Kilometer oder 40
Drei Stunden Fahrt oder 13
Und nur fünfmal umsteigen
Oder direkt bis vor die Haustür
Von hier kann alles anfangen
Wenn es das nicht schon hat
Und weitergehen, immer wieder
Und schließlich wiederkehren in die Heimat
Dennoch vertrieben in dem Sinn
Daß ich nicht weile wo ich am liebsten bin
Wenn ich hier bin, warte ich...

 

Für Dich

Für Dich scheint die Sonne jeden Tag
Werden alle Träume wahr
Und die Fische in Deinem Teich
Fressen Dir aus der Hand
Genau wie ich
Und wenn einer von ihnen stirbt
Bist Du trauriger
Als wenn ich fortginge
Oder Dir sagte
Ich liebe Dich nicht mehr

Für mich scheint die Sonne nur mit Dir
Und mein Traum bist Du
Und wenn Du nicht wahr würdest
Dann stirbt etwas in mir
Und Dir bleiben Deine Fische
Doch vielleicht reicht Dir das

 

Lügner

Ich stehe vor dem Spiegel
Wie jeden anderen Morgen
Ich suche nach der Wahrheit
Die er vor mir verbirgt

Ich blicke Dich an und schweige
Weil ich Dir nicht die Wahrheit sagen kann
Du siehst mich an und sagst nichts
Weil Du mich nicht belügen kannst

Ich betrachte die Welt und begreife nicht
Wie um mich herum nur Lügen lauern
Um das zu vergessen baue ich
Eine Mauer aus Unwahrheit um mich

Eine Ehrlichkeit weniger vor mir
Ein Geständnis das ich Dir nicht gebe
Eine Lüge mehr zu meiner Umwelt
Bis schließlich der Wall zerbrach

Nun mit geregeltem Tageslauf
Will mich die Wirklichkeit einholen
Doch bin ich wie stets schneller
Ihr immer einen Schritt voraus

 

Noch ein Bild

Sind mir die Farben ausgegangen
Dich in den buntesten darzustellen
Sind mir die Worte ausgegangen
Die blumigsten auf Dich anzuwenden
Sind mir die Gedanken ausgegangen
Zu viele auf Dich zu fixieren
Ist mir die Hoffnung ausgegangen
Noch etwas von Dir zu erwarten

Ist das Bild das ich von Dir hatte
Verschwommen und trübe
War meine Vorstellung von Dir
Zu vage und voll Trugbilder
War meine Farbpalette
Zu eingeschränkt und eintönig
Oder gibt es nicht genug Farben
Um Dich so wie Du bist darzustellen

 

Mehr Sterne

Am Himmel noch immer zwei Sterne
Zum Greifen scheinbar nah
Zaghaft streckt meine Hand sich vor
Doch das Licht wird plötzlich trüber
Und niemand kann das deuten
Doch in mir wächst erneut die Angst

 

Der letzte Kuß

Mit dem Versprechen
Daß wir es schaffen würden
Vor vier Wochen
Und nun sagst Du mir
Daß ich auf deiner Skala der Liebe
Nicht hoch genug stände
Um zu versuchen
Es zu schaffen
Und wo stehst Du
Auf meiner Skala?
Vermutlich viel zu hoch

 

Kann alles sein

Wie ein quadrierter Kreis
Im trockenen Regen
Verlegen um Antworten auf Fragen
Die ich mir nie gestellt hätte
Wenn nicht die Ungewißheit wäre
Keine Antwort auf die Fragen zu wissen
Die mich am Ende hierhin führten

War es der Bus der hier durchfuhr
Und mich zufällig mitnahm
War es der Wille, trotz strömenden Regens
Relativ trocken meines Weges zu gehen?
War es die Idee sowenig wie möglich
Von mir selbst zu sehen?
Oder war es nur die Sehnsucht
Dir ein letztes Mal gegenüber zu stehen?

 

Fragwürdig

Drehst Du Dich um, wenn ich gehe
Siehst du mir nach, wie ich entschwinde
Oder verliert sich Dein Weg
Gedankenlos im Dunkeln

Spürst Du meine Lippen auf Deinen
Steigt mein Duft in Deine Nase
Oder verfliegt der Moment
Wie Blütenstaub im Wind

Weinst Du mir nach wenn ich fort bin
Erinnerst Du Dich, wie ich zu Dir war
Oder bin ich nur ein weiterer Stein
Am Rande Deines Weges

 

Reminiszenz

Vielleicht war es unausweichlich
durchaus weiblich
unvermeidlich
Dich zu treffen

Schließlich kamst du ungefragt
unverzagt
ungewagt
mich verzaubern

Damals war es sternenklar
wunderbar
sonderbar
Dich zu spüren

Heute ist es hochnotpeinlich
unverzeihlich
hoch und heilig
zu erinnern

 

Aus einem fahrenden Zug

Lasse ich etwas hinter mir zurück
Oder schiebe ich es vor mir her
Fahre ich von etwas fort
Oder steuere ich direkt darauf zu
Holt mich die Vergangenheit ein
Oder entkomme ich der Zukunft
Beschleunigt meine Bewegung den Zug
Oder hemme ich ihn in seiner Fahrt
Gleiten wir an der Landschaft vorbei
Oder setzt sie sich selbst in Bewegung
Nimmt sie unsere Reise wahr
Oder ist sie sich selbst am nächsten
Verläuft das Zeitgefüge linear
Oder können wir konträr zu ihm springen
Sehen wir Veränderung tatenlos zu
Oder können wir sie vom Fenster aus aufhalten

 

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