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The Leaving of Athlone.

XIV/8/95

Joyce hat Yeats um 3.69 punt überholt – Joycechoyce, eine Sammlung von lyrischen Gedichten & Prosagedichten, die von den Herausgebern als solche erachtet wurden, einschließlich der „Chamber Music“ und „Pomes Penyach“, allerdings ohne „A Portrait of the artist as an ancient mariner“, ein grober Schnitzer eigentlich, aber immerhin ist es ja in Ellmann’s Biographie abgedruckt – merkwürdig, dass es hier nicht abgedruckt ist. Das Buch war von 9.99 punt auf 3.99 punt herabgesetzt, und dieses Angebot konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen, auch wenn ich langsam anfangen muß zu sparen. Eine wundervoll bebilderte und kommentierte Ausgabe der ‚Dubliners’ für 13 punt und eine gebundene & kommentierte des Ulysses für 11 punt haben mich unterwegs noch angelächelt und geflüstert: Kauf mich... eine brilliante Ausgabe des Drehbuches von ‚Pulp Fiction’ mit Fotos und beim letzten Cut ausgelassenen Szenen für 9 punt hat mich böse angeschaut und gebrüllt ‚fuckin’ buy me!“, aber ich bin standhaft geblieben...
Wie der Zufall es so will, treffe ich heute morgen die nette junge Bedienung aus dem „Thatch“, der ich gestern mein ganzes Geld zugeschmissen habe, und die ich nur noch anlächeln musste, um mein pint o’guinness zu bekommen (nachdem sie beim ersten Mal nach einer Bottle of Guinness Ausschau hielt) wieder – in der Küche meines B + B, wo sie gleich weitermachte, wo sie gestern nacht aufgehört hatte ... nicht mit Guinness, sondern mit nett sein und mich bedienen – diesmal ohne Wechselgeld. Kurz vor zehn musste sie dann wieder in den Pub zurück, und ich packte meine Sachen und bezahlte bei ihrer Mutter. Wieder voll ausgerüstet stiefelte ich in die Stadt zurück (die eigentlich nur 5 Minuten entfernt war), um die Schuhe zu kaufen und einen Blick in den Plattenladen zu werfen – ersteres war erfolgreich, zweiteres offenbarte ein nicht sonderlich gut sortiertes Etablissement.
Alle Nebensächlichkeiten erledigt, kam ich doch nicht umhin, noch auf ein ‚parting glass’ ins „Thatch“ zu gehen – one for the road, wie sie es nannte („und jetzt noch einen auf die Milchstraße“ – „ich glaube, du hast genug“) und noch ein bisschen über Irland und die Frage, ob ich ein irisches Mädchen heiraten würde geplaudert, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof machte (außerdem hat sie die ganzen 10 & 5 p Münzen, die sie mir gestern als Wechselgeld in die Hand gedrückt hatte, zurückgekriegt) – und bald schon saß ich im Zug Richtung Dublin, der mich in Tullamore, der Stadt des berühmten Whiskeys, der interessanterweise in Dublin destilliert wird, rauslassen sollte.


Leute, trefft Euch

Wenn die Zeit keine Rolle spielt
Die Gedanken Entfernungen überbrücken
Die Wünsche Berge versetzen
Und die Hoffnung alles ist was bleibt
Wird das Licht weiterleuchten
Oder unser Pfad in Finsternis sich ausbreiten?

Bleibt Liebe und Vertrauen
Der Wert den sie verdienen
Und finden wir unseren Platz
In der Ewigkeit?


Blödes Gedicht eigentlich, wie kam ich denn da jetzt drauf? Egal, es steht da halt so rum.
Tullamore, eine halbe Bahnstunde von Athlone und eineinhalb von Dublin entfernt, also noch sehr zentral gelegen, was die Geographie anbelangt, heißt das. Kulturell und sozial betrachtet eher provinziell, aber nicht gerade dörflich, vielleicht 6000 Einwohner, eher weniger, vom Stil her ähnlich wie Athlone, und ebenso wesentlich, wenn nicht sogar entscheidend, weniger Touristen als in den anderen Orten in denen ich war – dieses allgemeine Desinteresse ist allerdings meiner Ansicht nach nicht auf mangelnden Charme zurückzuführen, sondern eher auf die mangelnde Spektakularität der Landschaft im Vergleich zum Ring of Kerry oder der Aran Islands oder der Betriebsamkeit und der Sehenswürdigkeiten Dublins. – Dieser Charme lässt sich aber in der Tat nicht oder selten an speziellen landschaftlichen oder gebäudebezogenen Merkmalen feststellen, er ist einfach da – und das gilt in ganz Irland.

Betrachtungen aus irischen Pubs:
There’s nothing like an irish pub – sagen Reklameschilder in der ein oder anderen besagten Einrichtung – und damit haben sie in der Tat recht, und alle sind einzigartig. – to be continued – Momentan sitze ich in einem schlecht beleuchteten, von fünf hier offensichtlich nicht unbekannten Personen bevölkerten Pub, von außen durch kein Guinness- oder sonstige Biermarken anpreisendes Schild geschmückt, nur eine handgemalte Bordüre über den Fenstern weist auf Bar & Lounge hin. Ein alter Mann am Tresen verarscht die fette neugierige Bedienung (ach wär ich doch in Athlone...) mit Taschenspielertricks, der Ventilator macht genug Lärm, so dass keine Musik oder Fernsehen gebraucht wird, ein Billiardtisch provoziert die einzige Lichtquelle, ihm zu Hilfe kommend, und damit auch dem Rest der Bar ein wenig mehr Helligkeit als das durch die Fenster fallende Tageslicht zu spenden. Das pint o’guinness kostet hier, wie in fast allen Pubs, in denen ich war, 1.85 punt, und interessanterweise kommt, abgesehen von 1&2 p –Münzen, bei der Addition aller irischen Münzen 1.85 punt heraus... wohl ein bloßer Zufall – schließlich hat der durchschnittliche Ire kein Sortiment der irischen Münzen abgezählt für das pint dabei.
Der nächste ist, im Vergleich zu den meisten hier in Tullamore, die teilweise Fußballstadiongröße aufweisen, sehr klein, der Barraum umfasst etwa 70m², die Lounge ist in der Ecke, für 10-12 Personen vielleicht, die Bar hat drei Tische und Barhocker darum herum, dafür aber eine Leinwand, auf die das Fernsehprogramm irgendwie übertragen wird, und alte Reklameschilder von Guinness und Preislisten ortsansässiger Schlachter an den Wänden (und eine Irland-Fahne über dem Tresen) und, um der eben genannten These zu widersprechen (wieder mal) das pint o’guinness kostet nur 1.80 – eines der billigsten, aber auf die 5p kommt es am Ende auch nicht mehr an. Der Boden ist mit schweren Eichenbohlen ausgelegt, solide, und es dürfte auch niemanden stören, wenn man auf ihn spuckt (und der Boden wird sich auch nicht rächen) – und es läuft wieder eine dieser unsäglichen Neighbors-Serien im Fernsehen.
Die meisten dieser Pubs haben Teppich auf dem Boden, so wie der nächste, den ich aufsuche, und vor der Bar – als Schutz vor auskippenden Bieren – gefliest, was die Gemütlichkeit unterstreichen soll, und entweder Leder- oder Plüschbezogene Hocker und Sitzbänke die nach allem, was ich bisher erfahren habe, sehr bequem sind.
Interessante Preistafeln, die oft auftauchen: Btl. of ALE 1.45 / Pint ALE 1.85 / Bottle of COLA .95 / ½ Gl. of GIN 1.55 / Btl. ORANGE .95 / Btl. STOUT 1.45 / Pint STOUT 1.85 / ½ glass of VODKA 1.55 / ½ Glass of WHISKEY 1.55 punt anyway – die Anordnung ziemlich durcheinander, aber das sind die Iren sowieso – und der Fremde muß ja auch erst einmal wissen, was denn unter Ale und Stout zu verstehen ist – interessanterweise ist in vielen Pubs Ale teurer als Stout, was aber weniger auf die geringere Qualität des Stout als auf die Tatsache, dass Stout meistens Homebrewed und Ale oder Lager oft importiert ist (Heinecken oder Carlsberg in den meisten Fällen).


13. August
15. August


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